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Was sind konventionelle Krebstherapien (Standardtherapien)?
Die Zerstörung des Tumors ist das erste und wichtigste Ziel der konventionellen Krebsbehandlung. Hier gibt es die drei «klassischen Säulen» Operation, Bestrahlung und Chemotherapie, die oft auch miteinander kombiniert werden. Mit diesen Methoden gibt es weltweit jahrzehntelange Erfahrungen. Dabei wird besonders die Wirksamkeit von Chemotherapeutika immer wieder in klinischen Studien überprüft.
Operation
Eine Operation ist bei den meisten Krebsarten die wichtigste Behandlungsform. Die Spanne reicht dabei von einem kleinen Schnitt zur Entfernung einer verdächtigen Hautveränderung bis hin zu ausgedehnten Eingriffen. Dabei entfernen die Chirurgen nicht nur den kompletten Tumor, sondern auch Lymphknoten und umgrenzendes Gewebe. Wenn der Tumor komplett herausgeschnitten werden kann, erfolgt dies immer «im Gesunden». Das heißt, der Tumor wird mit einem kleinen Saum von gesundem Gewebe entfernt, um möglichst keine Krebszelle zurückzulassen.
Wenn Lymphknoten befallen sind, werden auch diese entfernt. Oft nimmt man die Lymphknoten in der Umgebung des Tumors aber auch vorsorglich heraus. Tumoren können an allen Stellen unseres Körpers auftreten, auch an solchen, zu denen der Chirurg nur schwer Zugang hat. In solchen Fällen kann es sinnvoll sein, einen Tumor zunächst mittels Chemo- oder Strahlentherapie zu verkleinern und erst dann zu operieren. Bei dieser Vorgehensweise bezeichnet man die Chemo- oder Strahlenbehandlung als «neoadjuvant».
Umgekehrt kann ein Tumor, der nicht vollständig herausoperiert werden kann, zunächst chirurgisch verkleinert werden, um einer anschließenden Chemo- oder Strahlentherapie bessere Ausgangsmöglichkeiten zu verschaffen. Wenn möglich, wenden Ärzte heute Methoden mit einer nur kleinen Verletzung der Haut und Weichteile an. Diese Eingriffe werden auch als «minimal-invasiv» bezeichnet: Der Operateur macht nur einen Schnitt oder wenige kleine Schnitte. Durch diese Öffnungen kann er schlauch- oder röhrenförmige Instrumente einführen (Endoskopie), in denen sich eine Kamera befindet und in die er winzige Operationsbestecke einführt (auch als «Schlüsselloch-Operation» bezeichnet). Manche endoskopische Eingriffe lassen sich auch ganz ohne Hautschnitt durchführen, wie z. B. bei der Entfernung von Darmpolypen während der Darmspiegelung, der Koloskopie. Doch nicht alle Patienten können mit solchen kleinen Operationen behandelt werden, denn bei Krebsoperationen kommt es vor allem darauf an, den Tumor vollständig zu entfernen.
Es wurde bereits beschrieben, dass die «drei klassischen Säulen» der Krebsbehandlung oft auch gemeinsam oder paarweise eingesetzt werden. Wenn nach einer Operation zum Beispiel noch eine Strahlen- oder Chemotherapie durchgeführt wird, wird dies als adjuvante (unterstützende) Behandlung bezeichnet. Sie soll sicherstellen, dass der Tumor und eventuell entdeckte Metastasen vollständig entfernt werden.
Strahlentherapie
Die zweite Therapiestrategie in der konventionellen Medizin zur Zerstörung des Tumors ist die Bestrahlung. Sie wird lokal angewendet und wirkt nur im bestrahlten Gewebe. Die Strahlung schädigt dabei die DNA der Tumorzellen, so dass diese sich nicht mehr teilen können und schliesslich absterben. Die Strahlentherapie kann nach der überstandenen Operation mit der Absicht durchgeführt werden, noch vorhandenen Krebszellen zu vernichten. In manchen Fällen werden Tumore bestrahlt, die nicht operiert werden können. Andere, lokal begrenzte Tumore können durch alleinige Strahlentherapie behandelt werden. Die palliative Radiotherapie dient der Linderung von Schmerzen und anderer Symptome einer Krebserkrankung im fortgeschrittenen Stadium.
Therapeutisch werden heute viele verschiedene Strahlenarten genutzt: Röntgen-, Gamma- und Elektronenstrahlung sind nur einige davon. Sie alle haben die Eigenart, dass sie das Körpergewebe, das sie durchdringen, schädigen. Die spezialisierten Fachärztinnen (Radiologen und Nuklearmediziner) erarbeiten deshalb für jeden Einzelfall einen möglichst genau abgestimmten Bestrahlungsplan, der sicherstellen soll, dass der Tumor zwar vollständig vernichtet wird, aber die Schäden am gesunden Gewebe möglichst gering bleiben.
Ob Patientinnen und Patienten mit Nebenwirkungen einer Bestrahlung rechnen müssen, lässt sich pauschal nicht beantworten. Die Strahlenwirkung hängt von der Dosis, von der Größe des Bestrahlungsfeldes und von der Empfindlichkeit der Organe, die betroffen sind, ab. Auch der Allgemeinzustand und die Schwere der Krebserkrankung wirken sich aus. Strahlenschäden erleidet vor allem die Haut, die auf die Bestrahlung mit Symptomen reagiert, die einem Sonnenbrand ähnlich sind. Reizungen, Rötungen, Bräunungseffekte und Haarausfall an den bestrahlten Stellen sind die häufigsten unerwünschten Nebenwirkungen. Auch berichten viele Patienten nach einigen Tagen von wachsender Müdigkeit und allgemeinem Krankheitsgefühl mit Appetitlosigkeit, Abgeschlagenheit oder Kopfschmerzen. Die meisten Symptome verschwinden aber relativ bald nach Behandlungsende wieder, da sich gesunde Zellen regenerieren können.
Chemotherapie
Das dritte Standbein der konventionellen Krebstherapie ist die Chemotherapie mit bestimmten Medikamenten, den sogenannten Zytostatika. Der Wortteil Zyto- steht für «Zelle» und- statika für «anhalten», Zytostatika wirken also hemmend auf die Zellteilung. Außerdem haben sie eine zytotoxische Wirkung, d.h. sie wirken giftig auf sich schnell teilende Zellen.
Tumorzellen sind teilungsaktiver und vermehren sich schneller als gesunde Zellen. Hier setzt das Wirkprinzip einer Chemotherapie an. Die Zytostatika schädigen die Erbsubstanz der Zellen, die sich gerade im Stadium der Teilung befinden. Allein die Tatsache, dass Tumorzellen schnell wachsen und sich häufig teilen, bedingt aber nicht, dass Zytostatika nur auf Tumorgewebe wirken. Daher versucht man durch genau berechnete, kombinierte Anwendung verschiedener Zytostatika speziell die Tumorzellen zu erreichen und die schädigende Wirkung auf die gesunden Körperzellen möglichst gering zu halten.
Bei bestimmten Krebsarten (z. B. des Hodens) und vor allem bei solchen, die keine soliden (feste) Tumoren bilden (z. B. Leukämie oder Morbus Hodgkin), hat sich die Chemotherapie als außerordentlich wirksam erwiesen. Zwar kommt es während der Behandlung oft zu erheblichen Nebenwirkungen der Zytostatika, die Heilungsaussichten können aber sehr gut sein.
Zytostatika greifen primär die Zellen an, die sich häufig teilen und erneuern. Von den Nebenwirkungen sind daher besonders die gesunden Zellen des blutbildenden Systems, Haarwurzelzellen, Hautzellen und Schleimhautzellen betroffen. Ebenso können durch die Chemotherapie bedingte Störungen des Magen-Darm-Traktes auftreten.
Die teilweise schweren Nebenwirkungen sind auch der Grund, weshalb manche Ärztinnen und Ärzte den Einsatz von Chemotherapeutika sorgfältig abwägen. Letztendlich muss hier auch die Patientin oder der Patient mitentscheiden. Zu den körperlichen Nebenwirkungen kommen häufig auch Beeinträchtigungen wie Müdigkeit, chronische Erschöpfung und Depressionen hinzu. Diese können noch Jahre nach der Chemotherapie auftreten und werden somit als Spätfolgen bezeichnet. Trotzdem hat die Chemotherapie einen festen Platz in der Krebsbehandlung. Ihr verantwortungsvoller Einsatz ist, wo ihr Nutzen bewiesen ist, gerechtfertigt.
Antihormontherapien
Viele verschiedene Hormone (Botenstoffe) steuern wichtige Vorgänge im Körper, etwa den Blutzuckerspiegel, die Fortpflanzung oder das Wachstum. Auch manche Tumore wachsen unter dem Einfluss von Hormonen. Diese Abhängigkeit der Krebszellen ist der Ansatzpunkt einer Antihormontherapie. So werden körpereigene Hormone entzogen, um das Wachstum eines Tumors zu hemmen oder zu blockieren.
Beispiele:
Brustkrebszellen wachsen häufig in Abhängigkeit der weiblichen Geschlechtshormone. Das sind vor allem Östrogene und zum Teil auch Gestagene, die an spezielle Rezeptoren der Tumorzellen binden und damit ein Signal zur Zellteilung geben.
Die verschiedenen antihormonellen Therapien können entweder die körpereigene Produktion der Geschlechtshormone unterdrücken oder sie verhindern deren Wirkung durch das Blockieren der Hormonrezeptoren auf den Krebszellen.
Antihormone werden als Tablette oder Injektion gegeben und verteilen sich so im ganzen Körper. Auf diese Weise erreichen sie auch bei Untersuchungen nicht erkennbare Tumorzellen und hindern diese am Wachstum. Ebenso wie die Chemotherapie ist die hormonelle Therapie damit eine «systemische», also im ganzen Körper wirksame Behandlung.
Welche antihormonell wirkenden Medikamente angewendet werden, ist von mehreren Faktoren abhängig. So ist das Stadium der Erkrankung von Bedeutung. Auch muss geprüft werden, ob die Tumorzellen einer Patientin überhaupt auf Hormone reagieren. Im Befundbericht steht dann z.B. die Angabe «Hormonrezeptor-positiv». Ebenso wird die Behandlung in Abhängigkeit vom sogenannten Menopausenstatus geplant, also davon, ob die Eierstöcke der Patientin noch Geschlechtshormone produzieren oder nicht mehr.
Auch beim Prostatakarzinom, dessen Wachstum durch das männliche Geschlechtshormon Testosteron gefördert wird, ist der Hormonentzug eine Therapiemöglichkeit. Da aber zumindest zu Beginn der Erkrankung bei allen Männern die Tumoren hormonabhängig wachsen, muss – anders als bei Frauen mit Brustkrebs – keine gezielte Rezeptorbestimmung durchgeführt werden.
Zielgerichtete Therapien
Verschiedene Tumore können unterschiedliche Merkmale und Eigenschaften aufweisen. So werden Tumorzellen häufig durch spezielle körpereigene Substanzen, zum Beispiel durch sogenannte Wachstumsfaktoren, zur Zellteilung angeregt. Diese Substanzen sind Teil spezifischer molekularer Signalwege, die für das Wachstum, den Stoffwechsel oder die Blutversorgung der Zellen verantwortlich sind. Zielgerichtete Therapien greifen in solche Vorgänge ein und hemmen den Stoffwechsel oder die Zellteilung der Krebszellen. Dafür wird vor der Behandlung geprüft, ob der Tumor die für die zielgerichtete Therapie spezifischen Merkmale aufweist. Da auch gesunde Zellen diese speziellen Eigenschaften haben können, kann es auch bei den zielgerichteten Therapien zu Nebenwirkungen kommen.
Es gibt eine Vielzahl verschiedener zielgerichteter Medikamente, die für die Behandlung verschiedenster Krebserkrankungen eingesetzt und dafür auch mit anderen Therapien kombiniert werden.
Immuntherapien
Immuntherapien richten sich nicht direkt gegen die Krebszellen, sondern sie unterstützen das körpereigene Immunsystem dabei, den Krebs zu bekämpfen. Krebszellen verändern sich häufig so, dass sie vom Immunsystem nicht mehr erkannt werden und dadurch ungehindert weiterwachsen und sich ausbreiten können. Andere Krebszellen unterdrücken das Immunsystem aktiv. Immuntherapien sollen die körpereigene Immunabwehr gegen die Krebszellen wieder aktivieren.
Monoklonale Antikörper
Antikörper sind Eiweißmoleküle, die gezielt an körperfremde und zum Teil auch veränderte körpereigene Strukturen, sogenannte Antigene, binden und dadurch z.B. Krankheitserreger unschädlich machen. Bei einer monoklonalen Antikörpertherapie werden künstlich hergestellte Antikörper verwendet, die sich gegen bestimmte Eiweisse auf der Oberfläche von Krebszellen richten und dadurch deren Wachstum hemmen. Ein solcher Antikörper ist zum Beispiel Trastuzumab. Er bindet an die Her-2/neu-Rezeptoren, die als Bindungsstellen für Wachstumsfaktoren auf den Krebszellen von 25% der Frauen mit Brustkrebs vorhanden sind.
Auch die Immun-Checkpoint-Inhibitoren sind monoklonale Antikörper.
Immun-Checkpoint-Inhibitoren
In jüngster Zeit wurden Medikamente entwickelt, die gezielt bestimmte Kontrollpunkte, die «Bremsen» (Checkpoints) des Immunsystems lösen können. Diese Kontrollmechanismen verhindern normalerweise eine Überfunktion des Immunsystems gegen gesunde Zellen. Manche Tumore können aber solche «Immun-Checkpoints» aktivieren. Die Funktion von Immunzellen, die den Tumor eigentlich erkennen und bekämpfen könnten, wird dadurch stark unterdrückt. Sogenannte «Checkpoint-Inhibitoren» heben diesen Mechanismus auf. Das Immunsystem kann den Tumor wieder verstärkt angreifen.
Zytokine
Zytokine sind Boten- oder Signalstoffe, die auf das Immunsystem anregend oder hemmend wirken. Zytokine wie Interferone oder Interleukine finden auch in der Krebstherapie Anwendung. Sie können die Tumorzellteilung hemmen oder auch bestimmte Immunzellen aktivieren. Mit Zytokintherapien konnte man bei einigen Krankheitsformen und -situationen gewisse Erfolge erreichen. Sie werden aber zunehmend durch andere, besser wirkende Immuntherapien ersetzt.
Tumorvakzine
In den letzten Jahren wurden verschiedene therapeutische Impfstrategien gegen Krebs entwickelt. Ziel ist es, durch die Applikation krebsspezifischer Moleküle, sogenannter Tumorantigene, das Immunsystem so zu trainieren, dass es die Krebszellen besser erkennen und angreifen kann, um so das Wachstum des Tumorgewebes zu unterbinden.
Da solche Impfstoffe jedoch schwierig zu entwickeln sind, zielen die bisherigen Strategien darauf ab, den Patientinnen oder Patienten nur Bruchstücke solcher Antigene zu geben, in der Hoffnung, dass ihr Immunsystem entsprechend darauf reagiert. Meist handelt es sich um sehr kleine Eiweiße, sogenannte Peptide (Peptidvakzinierung), die zum Einsatz gelangen. Die meisten entsprechenden Vakzine befinden sich bisher aber noch in der klinischen Erprobungsphase.
Es kommen aber auch prophylaktische Tumorvakzine zur Anwendung, die die Entstehung bestimmter Krebsarten verhindern sollen. Beispiele hierfür sind die HPV (humanes Papillomavirus)-Impfung zur Vorbeugung gegen Gebärmutterhalskrebs oder die Hepatitis-B-Impfung zur Verhinderung eines Leberzellkarzinoms.
CAR-T-Zellen
CAR-T-Zellen (chimärer Antigenrezeptor-T-Zellen) sind körpereigene Immunzellen, die ausserhalb des Körpers gentechnologisch so verändert werden, dass sie Krebszellen anhand von spezifischen Zielstrukturen, den Tumorantigenen, erkennen und angreifen können. Nach der Aufbereitung im Labor werden die CAR-T-Zellen dem Körper der Patientin oder des Patienten über eine Infusion wieder zugeführt. Die CAR-T-Zelltherapie wird derzeit zur Behandlung bestimmter Leukämie- oder Lymphomerkrankungen eingesetzt. Sie ist eine sehr aufwändige und teure Therapie. Auch hier kann es zu Nebenwirkungen kommen.